Montag, 25. Januar 2016
Die dunkle Seite des Anwalts (Film)
Es gab schon viele gute Anwälte im Kino, jetzt gibt es einen schlechten: In der Verfilmung eines Buches von Martin Suter spielt Moritz Bleibtreu einen bösen Anwalt, der erst Pharma-Unternehmen fusioniert und sich dann in eine Art Werwolf verwandelt. Etwaige Zusammenhänge sind rein spekulativ.
Lag es an dem psychadelischen Pilz, den der Anwalt anlässlich eines Seitensprungs verzehrte? Schlummerte der Wolf die ganze Zeit im Anwalt? Ist der Anwalt möglicherweise von seiner Persönlichkeitsstruktur dem Menschen per se ein Wolf? Oder wurde der Wolf im Anwalt frei, nachdem sich ein gedemütigter Geschäftspartner vor seinen Augen mit einer Duellpistole suizidiert hat? Alles ungewiss.
Nach Suizid und Seitensprung dreht der Anwalt jedenfalls zunächst einer Katze den Hals um, später auch einem Menschen, und gibt sich überhaupt anfallartig brutal. Moritz Bleibtreu rollt mit den Augen, kann maximal einen Gesichtsausdruck mehr als Til Schweiger und sein Charakter wird schließlich von einem jagenden Mandanten im Wald waidgerecht erlegt.
Vorher muss man dem grimassierenden Moritz Bleibtreu dabei zugucken, wie er zwei Stunden lang versucht, einen Anwalt darzustellen, den man ihm nicht eine Sekunde lang abnimmt. Das ist nicht langweilig, aber doof.
Schlechter Film.
Donnerstag, 14. Januar 2016
Ich und die dunkle Seite der Macht
Jüngst konnte ich mir "Star Wars - The Force awakens" ansehen. Die überschaubare Handlung lässt einem Zeit, sich so seine Gedanken zu machen über das, was einem da vorgeführt wird.
Wir befinden uns in einer fernen Vergangenheit; noch immer - oder schon wieder - herrscht die dunkle Seite der Macht. Nur so nebenbei: Würde sie nicht herrschen, wäre sie dann überhaupt noch Macht? Aber jetzt klinge ich schon wie Thomas Fischer. Also mal ganz einfach:
Irgendwann im Laufe des Films habe ich angefangen mich zu fragen, warum die so genannte "dunkle Seite der Macht" eigentlich die böse ist. Von da an habe ich genau darauf geachtet und nach Informationen gesucht, die für Bösheit auf der anderen Seite stehen könnten. Erstaunlicherweise habe ich keinerlei Hinweise gefunden. Man weiß nicht, wofür die "dunkle Seite der Macht" eigentlich steht. Sie bringt Menschen um, aber das tun die anderen genauso. Das kann es also nicht sein. Meine Beobachtung lässt für mich daher nur einen Rückschluss zu: Bei "Star Wars" hat sich das Böse institutionalisiert und jeden Inhalt verloren.
Das ist merkwürdig, denn "böse" ist ja eine Wertung, die sich auf irgendetwas beziehen muss. Für Theoretiker: Man kann "das Böse" zwar personifizieren (Teufel), aber nicht abstrahieren, denn es ist schon ein Abstraktum. Für Philosophen: Wo das Böse keinen Bezugspunkt hat, muss es jede Bedeutung verlieren. Für Star-Wars-Fans: Ich weiß immer noch nicht, warum der komische Mann mit dem Helm der Böse ist. Und ich werde es auch den gesamten Film über nicht erfahren.
Und diese Unklarheit der Inhalte hat noch weit unwirklichere Konsequenzen: Das Böse stellt sich mir selbst als solches vor. Das ist höchst ungewöhnlich, kämpfen doch im Krieg normalerweise beide Seiten für das, was sie die gerechte Sache halten. Sei es Religion, Landbesitz oder was auch immer: Üblicherweise wähnen sich dabei beide Seiten im Recht (Licht) und den Gegner im Unrecht (Dunkelheit).
Hier nicht. Hier trifft sich der komische Mann mit dem Helm auf einer viel zu langen Hängebrücke mit dem unverkennbar guten Harrison Ford - den ödipalen Teil lassen wir mal weg - und stellt sich ihm als jetzt auf der "dunklen Seite der Macht" vor. So wie Spielführer vor dem Anführer Wimpel austauschen: "Guten Tag, hier bin ich, ich bin jetzt zum Team Finsternis gewechselt!"
Warum zum Teufel (verdammt!) sollte jemand in die Finsternis wechseln, wenn er sie nicht für Licht hält? Weil er in Wirklichkeit ein Grottenolm ist und kein Licht verträgt? Das wäre eine Erklärung, aber im Film bleibt es rätselhaft, dunkel nachgerade. (Ich klinge schon wieder wie Thomas Fischer!)
Und jetzt mal im Ernst: Dem ganzen Film liegt eine außerordentlich problematische Denkstruktur zugrunde. Und es ist sehr bedenklich, dass diese Struktur durch einen Film vollständig unreflektiert in Kinder, Jugendliche und junggebliebene Erwachsene hinein geblasen wird: Böse ist, was von irgendjemandem böse genannt wird. Es geht nicht um Inhalte, es geht um Dogmen. Es geht um In-group (wir) und Out-group (die anderen). Das ist Kultur auf niedrigster Stufe, das ist - man muss es leider so nennen - blanker Faschismus. Hier wird das Feld bereitet für hohlbratzige Ich-Überhöhung, die man willfährig auch mit Gewalt durchzusetzen bereit ist, wenn nur der Anführer laut genug schreit.
Mich hat das etwas geärgert, nachdem ich über das nachgedacht hatte, was ich da gesehen hatte.