Montag, 6. Mai 2013

Durchsuchung und Qual


Es war zu erwarten. Der Vorsitzende Richter am OLG München wurde wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Die Begründung, die dafür gegeben wurde, rührt am Kern demokratischer Rechtsstaatlichkeit.

Der Vorsitzende Richter hatte nämlich angeordnet, dass die Verteidiger vor jeder Verhandlung eine Durchsuchung zu erdulden hätten. Das kennt man irgendwoher. Natürlich hat es die Verteidigung auch nicht an dem Hinweis mangeln lassen, dass Richter, Bundesanwälte und andere Prozessbeteiligte nicht durchsucht würden. Auch das kennt man irgendwo her. Darüber ist schon so viel diskutiert worden, das ist nach den Prozessen von Stammheim ein für alle Mal vorbei, denkt man. Falsch gedacht.

Selbstverständlich sind Verteidiger als die viel zitierten Organe der Rechtspflege allen anderen Prozessbeteiligten gleichgestellt. Es gibt keinen einzigen denkbaren Grund, der mit der verfassungsmäßigen Ordnung in Einklang zu bringen wäre, die Verteidiger anders zu behandeln. Sonst kämen wir möglicherweise wieder dort hin, wo die NSU hinwollte.

Die Nebenklage habe gegen den Antrag der Angeklagten protestiert, heißt es. Die Angeklagte quäle sie mit diesem Antrag. Aber da irrt die Nebenklage gewaltig. Die Sprache des Prozesses sind Antrag und Beschluss, pflegte mein Ausbilder zu sagen. Von Qual kann da keine Rede sein.

Eine Qual ist allenfalls ein Gericht, das schon am ersten Verhandlungstag nicht einmal den Bodensatz prozessualer Ordnung einhält, und damit indirekt genau den Vorurteilen Vorschub leistet, mit denen die Gegner des Rechtsstaats gegen diesen angetreten sind.

Das war bei den Prozessen in Stammheim so und das scheint auch heute noch so zu sein.



9 Kommentare:

  1. Ich hätte mich gar nicht erst durchsuchen lassen. Notfalls hätte ich eine Entpflichtung in Kauf genommen. Eine Unverschämtheit.

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  2. Durchsucht wird, wer potentiell eine Gefahr darstellt. Rechtsanwälte tun das, Bundesanwälte nicht. It's so easy, Jungs. Mit der programmatischen (und in der anwaltlichen [!] Praxis sonst auch nie ernst genommenen) Formel vom "Organ der Rechtspflege" hat das nichts zu tun.

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  3. Am OLG herrscht doch Anwaltszwang. Wenn die 3 Verteidiger also einfach draussen bleiben ist die Verhandlung gelaufen. Das es nicht mehr als 3 Verteidiger gibt kann auch nicht mal eben ein Urteilsbegleiter bestellt werden.

    Sowas gibt es echt nur noch an königlich bayrischen Gerichten.

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  4. Ähm,Herr Nebgen: Sie haben in der Tat falsch gedacht, denn Verteidigerdurchsuchung war auch nach Stammheim mehrfach Thema verfassungsgerichtlicher Entscheidungen, schon 1997 und zuletzt z.B. in 2 BvR 2/06 (LG Hannover) und 2 BvQ 27/06 (OLG Düsseldorf). Das Thema ist schlichtweg gegessen, auch die Ungleichbehandlung mit Richtern und Staatsanwälten hat das BVerfG nicht beanstandet.

    Ihr Vorwurf mit dem "Bodensatz" liegt deshalb neben der Sache.

    @Miraculix und M.Selk: Ob alle 3 Verteidiger Zschäpes, die meines Wissens sämtlich Pflichtverteidiger sind, in diesem Verfahren eine Entpflichtung und Aussetzung mit Kostenfolge 145 Abs. 4 StPO riskieren möchten, halte ich für sehr zweifelhaft, abgesehen davon, dass die 3 ja auch recht offensiv an die Presse gegangen sind und sich durch das Verteidigen und nicht durch Nichtmehrverteidigen profilieren wollen.

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  5. Das ist ja wie im Knast. Der normale Besucher der einmal im Monat für ne Stunde kommt wird durchsucht, und der Beamte der jeden Tag 8 Stunden direkten Umgang mit den Gefangen hat nicht. Und dabei ist es bekannt, daß Beamte Sim-Karten, Handys, Drogen und anderes verbotenes mit hineingebracht haben - und ab und an dafür sogar verurteil wurden.

    Wer das sagen hat....

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  6. Man kann diese richterliche Anordnung ja sehen, wie man will, gerade als Anwalt. Aber ist das nicht alles schon höchstrichterlich mehrfach durchgekaut worden? Sollte man, wenn man solch starke Vokabeln wie "Kern demokratischer Rechtsstaatlichkeit", "verfassungsmäßigen Ordnung" oder "Bodensatz prozessualer Ordnung" hantiert, nicht wenigstens auf die jüngste BVerfG-Rechtsprechung zu dieser Frage eingehen, die die Zulässigkeit solcher richterlichen Anordnungen diametral anders entschied? Oder wird vom Autor vorausgesetzt, dass das Verfassungsgericht selbst verfassungswidrig sei?

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  7. Naja, es steht zu erwarten, dass der Vorsitzende über den Breidling-Notfallkoffer verfügt und die Lufthoheit verteidigt...

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