Aus gegebenem Anlass wurde ja bereits hier und hier mal wieder die anwaltliche Berufsethik diskutiert, dieses Mal am Beispiel von etwas, dass der Kollege Dr. Haeger als "anwaltsleaks" bezeichnet.
Dazu gibt es zweierlei zu sagen:
1.
"anwaltsleaks" gibt es bereits. Es heißt Rechtsanwaltskammer und jeder Kollege ist Mitglied einer solchen in dem für ihn zuständigen OLG-Bezirk. Die zuständige Rechtsanwaltskammer schlichtet Streitigkeiten mit Mandanten, erstattet Gutachten über streitige Gebühren und spricht Rügen wegen berufsrechtswidrigen Verhaltens aus und macht obendrein noch Rechtspolitik. Was will man mehr?
Wenn man allerdings - wie der Kollege Dr. Haeger - gegen Rechtsanwaltskammern polemisiert (Stichwort Zwangsmitgliedschaft und ähnlicher Quatsch), sich gleichzeitig aber als eine Art Abschnittsbevollmächtigten zum Zwecke der privatisierten Denunziation inthronisieren möchte, dann mutet das schon arg skurril an.
2.
Eine anwaltliche Ethik ist nicht nur sinnlos, sie wäre rechtlich irrelevant und würde erhebliche Gefahren in sich bergen. Das soll nicht heißen, dass nicht jeder Rechtsanwälte seine eigene Ethik haben und dieser folgen sollte. Er sollte sogar offensiv damit werben dürfen in der Hoffnung, dass die Mandanten Ethik auch so sehr schätzen wie z. B. der Kollege Dr. Haeger.
Aber eine gemeinsame Ethik kann - ja darf - es nicht geben. Das vorletzte Mal, dass die Anwaltschaft eine - okroyierte - gemeinsame Ethik verfolgt hat, ist sie völlig zurecht gemeinsam mit dieser Ethik und dem Staat, der sie gefördert hat, untergegangen. Das hat die Anwaltschaft nicht daran gehindert, sich gleich danach wieder eine angebliche Universalethik zuzulegen, der das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1987 - zwar unfassbar spät, aber immerhin - ihr wohlverdientes Ende bereitet hat.
Und jetzt geht dieses Gerede von der Ethik schon wieder los! Hilfe!
Obwohl - in einem Punkt hat der schräge Kollege im Leopardenmantel durchaus Recht: Die Mitgliedschaft in der jeweiligen RA-Kammer ist eine (mehr oder weniger lästige) Zwangsmitgliedschaft.
AntwortenLöschenWäre es nicht viel lästiger, wenn der Staat unmittelbar über den Anwaltsberuf wachen würde? Da ist mir eine Selbstverwaltung doch zig Mal lieber.
AntwortenLöschenGenau - gemeinsame Ethik ist was für Nazis, drunter geht's nicht, wenn man was nicht gut findet. Offenbar haben Sie eher vage Vorstellungen vom Nationalsozialismus.
AntwortenLöschenWofür ein gewisser ethischer Grundkonsens der Anwälte nützlich wäre, macht ein Blogbeitrag aus dieser Woche deutlich, in dem es um einen typischen Fall anwaltlicher Gebührenschinderei geht (http://stscherer.wordpress.com/2011/08/24/wie-man-an-moglichst-viele-gebuhren-kommt-und-trotzdem-noch-als-samariter-dasteht/).
@ Moneypenny: Wie sehr ich Ihre Beiträge sonst schätze, hier sind Sie wirklich in eine ziemlich ausgelatschte Falle getreten.
AntwortenLöschenNatürlich ist das Gebührenschinderei, was der Kollege an der zitierten Stelle beschreibt. Aber sie ist gesetzeskonform - das nur am Rande. Wenn man sie verhindern wollte, müsste man das Gesetz ändern.
Natürlich fände ich es auch besser, wenn der Rechtsanwalt diese Gebühren trotzdem nicht schinden würde. Ich selbst würde das nicht tun, und viele Kollegen, die ich kenne, würden das auch nicht tun, manch andere allerdings schon.
Aber man kann Rechtsanwälten in ihrer Gesamtheit keine übergesetzlichen Anforderungen auferlegen! Das ist schlicht und ergreifend mit dem demokratischen Rechtsstaat nicht in Einklang zu bringen.
Einverstanden?
@ Nebgen: Wie wäre es, wenn Sie sich erst einmal kundig machen, was "Ethik" eigentlich nochmal war, was sie vom "Recht" unterscheidet und inwiefern sie - natürlich - auch im demokratischen Rechtsstaat ihren Platz hat? Gerade wenn man sich noch nicht so auskennt, kann hierzu ein Blick auf die Seite http://de.wikipedia.org/wiki/Ethik nur empfohlen werden.
AntwortenLöschenEinverstanden?
Von einer Schlichtung von Differenzen zwischen Anwalt und Mandant durch die Anwaltskammer würde ich nicht sprechen. Das wäre Augenwischerei. Ein Mandant erhält von der Anwaltskammer nur das Ergebnis des "Schlichtungsverfahrens", die Schriftsätze des Anwalts erhält der Mandant nicht. Der Mandant erfährt auch nichts von den Differenzen des Tatsachenviortrages. Damit ist das Schlichtungsverfahren für den Mandanten ein Geheimverfahren. Man wird auf eien Gerichtsverfahen verwiesen. D.h. der Mandant wird erneut ins Kostenrisiko getrieben.
AntwortenLöschenDafür, dass Anwälte nicht lügen, nichts Falsches vortragen, ihrer Anwaltskammer nur die Wahrheit sagen, keine gefälschten Dokumente vorlegen, würde nicht nicht Mal meine Fingerkuppe ins Feuer legen.
Damit wollte ich allerdings überhaupt keine Aussage zum Geschäftsmodell von Dr. Haeger o.k. treffen.
Ist das nicht Augenwischerei Herr Nebgen?
AntwortenLöschenIst es nicht das größte Manko, dass Juristen sich selbst -ohne jeden Zweifel- eine Redlichkeit unterstellen, die es unmöglich macht, dass ein Anwalt, ein Richter, ein Staatsanwalt lügt, allein um Recht (im Sinne von richtig, nicht von gerecht) zu behalten.
Es wäre dem Rechtsstaat geholfen, wenn Juristen sich zuvörderst erstmal als Menschen betrachten, also solche, die Fehler machen, die irren, wenns denn ganz dolle kommt, sogar noch solche, die lernen, sich zu entschuldigen, für das, was sie verbockt haben.
@ Moneypenny: Ich hingegen empfehle eher wissenschaftliche Literatur, z. B. den großartigen Sammelband von Ralf Dreier, Recht und Moral, erschienen bei Suhrkamp. Es sagt ja niemand, dass Moral im Rechtsstaat keinen Platz hat, sondern, dass sie dort vom Recht streng abgegrenzt werden muss.
AntwortenLöschenDa sind Sie aber auch in eine kleine Falle gelatscht:
AntwortenLöschen"Natürlich ist das Gebührenschinderei, was der Kollege an der zitierten Stelle beschreibt. Aber sie ist gesetzeskonform - das nur am Rande. Wenn man sie verhindern wollte, müsste man das Gesetz ändern."
Wer sitzt denn im Bundestag? Doch zum größten Teil Rechtsanwälte von Beruf. Warum sollten die sich für nach der Legislaturperiode die eigenen Gebühren zurechtstutzen? Wo ist jetzt die Ethik und Moral?
@ Nebgen: Wenn Sie das Taschenbuch von 1981 meinen - das habe ich auch. Es heißt übrigens etwas anders, nämlich "Recht, Moral, Ideologie" - Ihr Ausgangsposting liest sich auch so, als hätten Sie es länger nicht mehr zur Hand genommen. Also wenn Sie das jetzt lesen wollen, kann ich das nur begrüßen, das ist in der Tat besser als Wikipedia, wenngleich natürlich auch etwas fordernder.
AntwortenLöschenBesonders empfehle ich das 10. Kapitel zum kategorischen Imperativ - wenn wir mal unterstellen, dass dessen Ergebnisse für alle Anwälte halbwegs gleich ausfallen, sind Sie dann schon recht nahe an dem dran, was mit der Idee einer gemeinsamen Ethik gemeint sein könnte (und zwar ganz ohne Nazi-Oktroi).
@NEBGEN: Recht und Moral lassen sich unter keinen Umständen abgrenzen.
AntwortenLöschenEs sind unterschiedliche Kategorien und haben damit keine Schittpunkte bzw. Schnittflächen, welche gleichzeitig Recht und Moral sind.
Zur Abgrenzung benötigt man Gemeinsamkeiten in der Kategorie.
Die Motal hat Bedeutung fürs Recht und greift ins Recht ein. Das Recht hat seinerseits Bedeutung für die Moral und wirkt auf diese ein.
Diese Wechselwirkung ist der jeweiligen Zeit geschuldet und kann nicht in Gesetze gefasst werden.